Diabetes: „Fuß-Pass“ gegen unnötige Amputationen
Das diabetische Fußsyndrom (DFS) verursacht durch zuckerbedingte Schädigungen der Nerven und Blutgefäße in den Beinen jährlich rund 40.000 Amputationen in Deutschland. Rund die Hälfte könnte durch vorherige Prävention und alternative Therapien begrenzt oder gar verhindert werden, doch diese sind nicht immer allen Betroffenen und Behandelnden bekannt. Im April 2020 beschloss der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) deshalb, dass sich gesetzlich Versicherte mit DFS vor einer Amputation eine unabhängige ärztliche Zweitmeinung einholen können. Mit dem neuen „Fuß-Pass“ möchte die Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) über dieses Recht aufklären, bestmögliche Beratung und Therapie sicherstellen und die Prävention stärken. Der Pass kann kostenlos unter diabetesfusspass@ddg.info bestellt werden.
„Auch wenn der aktuelle G-BA-Beschluss ein großer Fortschritt in der Versorgung des DFS ist, bestehen noch Unklarheiten und Probleme in der realen Umsetzung“, erklärt DDG Präsidentin Prof. Dr. med. Monika Kellerer. „Nicht jeder kennt sein Recht auf diese Zweitmeinung.“ Zudem kritisiert die Ärztliche Direktorin des Zentrums für Innere Medizin I am Marienhospital Stuttgart, dass das Verfahren auf Freiwilligkeit beruhe und dem Patienten damit die alleinige Verantwortung über seine Therapieoptionen überlasse: „Machen Betroffene von ihrem Zweitmeinungsrecht nicht Gebrauch, kann es weiterhin zu unnötigen Amputationen kommen.“ Hier setzt der neue Fuß-Pass der DDG an: Er soll durch gezielte Patientenaufklärung das Zweitmeinungsverfahren bekannt machen und zur Senkung der hohen Amputationsrate beitragen.
„Mit dem Fuß-Pass, der dem Diabetes-Pass beigelegt wird, geben wir einerseits den behandelnden Ärzten ein Instrument an die Hand, ihre Diabetespatienten besser, engmaschiger und sicherer zu versorgen. Andererseits wird den Betroffenen mithilfe eines Ampelsystems ein geringes, mittleres und hohes Risiko zugeordnet und sie erhalten entsprechende Informationen zu weiteren notwendigen Maßnahmen“, so Prof. Dr. med. Ralf Lobmann, DDG Vorstandsmitglied und Initiator des Fuß-Passes. Während Patienten mit dem grünen Fuß-Pass und geringem Risiko nur jährliche Kontrolluntersuchungen machen müssen, sollten Inhaber eines gelben Passes und mit mittlerem Risiko alle sechs Monate vorstellig werden und Vorsorgemaßnahmen wie eine Fußpflege in Anspruch nehmen. Erhält der Patient den roten Fuß-Pass, gehört er der Hochrisikogruppe an, muss vierteljährlich zum Arzt gehen und den Hinweis auf das Recht auf Zweitmeinung vor operativer Maßnahme und Amputation der unteren Extremität erhalten.
Wichtig: „Das G-BA-Zweitmeinungsverfahren ist nicht für den stationären Sektor konzipiert“, so Lobmann. „Steht eine große, sogenannte Major-Amputation an, ist die Situation immer dringlich und erfordert eine Entscheidung binnen maximal 36 Stunden.“ Ein Zweitmeinungsverfahren im Sinne des G-BA sei in solchen Fällen nicht zu realisieren. Jedoch: „Je mehr sie ihr Recht kennen und einfordern, desto größer ist der gesundheitspolitische Druck, auch für den stationären Bereich eine tragbare Lösung für eine bessere Versorgung zu finden“.
Quelle: www.deutsche-diabetes-gesellschaft.de
Foto: DDG